Die Mehrheit ist dahin, rette sich wer kann. Aber Berlusconi wäre nicht Berlusconi, wenn er schlicht zurücktreten würde. Am Morgen danach, also nach dem „demnächst-bin-ich-dann-vielleicht-mal-weg“, drehte Berlusconi eine Runde durch Radio und Fernsehen, in La Stampa konnte man bereits ein erstes Interview lesen. Er ließ Italien wissen, dass er seine Versprechen einlöst und erst vom Sessel rutscht, wenn das angedrohte Stabilitätsgesetz im Parlament verabschiedet wurde.
Was wollte der Cavaliere da anrühren? Ein Gesetz, das einiges enthält, was der Opposition nicht gefällt. Dann Zeit schinden. Bisschen streiten, um sich als der wahrer Ritter und Europäer gegenüber der Opposition ins Rampenlicht zu stellen. Klingt nach Wahlkampf? Absolut richtig. Und wenn er was kann, dann Wahlkampf. An die Urnen, am besten im Februar noch. Die Werbeflächen für die Plakate sind angeblich bereits gebucht. Welches Gesicht wird darauf zuversichtlich und entschlossen in die Zukunft blicken? Nein, nein, nicht Berlusconi, nein, wirklich nicht – er sei erleichtert, eine Last sei von ihm genommen, gesteht der fast zurückgetretene Premier – nein, sein Kronprinz, und die Partei wird sicher nichts dagegen einzuwenden haben, ist Angelino Alfano. Angelino, das Engelchen, der soll’s werden.
Seit kurzem erster Generalsekretär in der Geschichte von Berlusconi’s Wahlverein „Volk der Freiheit“, davor war er ein kreativer Justizminister, der u. a. ein Immunitätsgesetz schrieb, mit dem er seinem Chef Kopf und Kragen und auch sonst noch einiges rettete. Das Gesetz wurde zwar als verfassungswidrig abgelehnt, aber bis dahin waren kostbare Monate und Monate vergangen, in denen die Verjährung ticke tacke ticke tacke ungerührt weiter ablief. Kurz: Angelino gehört zu den hardcore-Getreuen, schlau und jung und bissig. Sogar einen Hauch berlusconesker Leichtigkeit bewies er in diesen Tagen der Krise. Auf seiner Facebook fanpage bat er seine Freunde, ihm ihre Herzenslieder für seine neue playlist vorzuschlagen. Wenn’s sonst keine Probleme gibt. Das Engelchen muss jetzt also ran und das Erbe sichern. Und 2013, wenn sich die Wogen geglättet haben, den Italienern nach wenig amüsanten Sparpaketen mal wieder sehr nach einem gute Laune Clown ist, dann könnte Berlusconi Staatspräsident Napolitani ablösen.
GOTT BEWAHRE!!
Die Börsen drehten am Tag nach dem bisschen Rücktritt komplett durch, die Zinsen, die Italien für seine Anleihen zahlen muss, tanzten auf europäischem Rekordhoch.
Was tun? Die Opposition fordert eine neue Regierung bis Montag, Staatspräsident Napolitano, dieser weise alte Mann ist wahrhaftig ein Segen für Italien, drückte am Abend ordentlich auf die Tube: Noch bevor Berlusconi seine Mixtur fertig anrühren konnte, ernannte er Mario Monti, ex Eu-Kommissar und Ökonom mit hohem internationalen Prestige, zum Senator auf Lebenszeit. Er soll versuchen, eine Übergangsregierung zu bilden. Wahlkampf mit den üblichen Späßen kann sich Italien grade nicht leisten.
Das Stabilitätsgesetz soll Samstag verabschiedet werden und dann dann dann – jawollja!
Und bis dahin, ragazzi? Voodoo Voodoo Voodoo – Sandsäcke aufhängen und mit der richtigen Vision bearbeiten.