Der Vollständigkeit halber sei angemerkt:
1. Natürlich ist er nicht gekommen. Warum sollte er bei Gericht erscheinen? Er hat via seiner Fernsehsender in aufgezeichneten Videomitteilungen alles gesagt, was zu sagen ist: Unbegründet die Anklage, ausschließlich elegante Abendessen in seinem Haus, niemals – niemals, im ganzen Leben nicht – Geld für Sex bezahlt, nur einigen Mädchen aus der Klemme geholfen, ja, zum Beispiel Ruby, von der er dachte, sie sei schon 24 Jahre alt … Warum sollte er also einem derartig unbegründeten Prozess größere öffentliche Beachtung schenken als nötig? Erstmal Luft aus der Skandalblase lassen – vertagen, verschieben, vergessen.
Die halbe Weltpresse wartete Mittwoch in Milano auf den rüstigen Premier und auf die junge Nichte Mubaraks. Ja, und? Niente. Nach neun Minuten war der Spuk im Gerichtssaal vorbei, vertagt auf den 31. Mai.
Mit diesem Prozess hat der Premier Zeit. Viel Zeit. Dabei sollte der „kurze Prozess“, das abgekürzte Verfahren, das die Mailänder Richter aufgrund der üppigen Beweise im Ruby-Prozess genehmigten, doch ganz im Sinne von Berlusconi sein: Wenn sich die italienische Politik in den letzten Wochen überhaupt mit irgendetwas beschäftigt hat, dann mit einer angeblich „epochalen“ Justizreform, genauer: dem „kurzen Prozess“, noch genauer: den verkürzten Verjährungsfristen für bisher nicht vorbestrafte Bürger. Für bislang unbescholtene Menschen wie du und ich und Berlusconi eben. Wahrhaftig: Nichts hat Italien derzeit nötiger.
Das Gesetz wird in diesen Tagen durch’s Parlament gepeitscht. Rund 15.ooo laufende Prozesse, vor allem Korruption, fahrlässige Tötung und Betrug, würden mit den neuen Verjährungsfristen sofort im Schredder enden. Zufällig auch der „Mills-Prozess“, der Berlusconi nervt, wie eine Fliege auf dem Pferdehintern. Er wird ihn einfach nicht los. Immerhin wurde der englische Anwalt Mills bereits verurteilt, weil er vor Gericht gelogen und dafür ein üppiges Honorar bezogen hat. Nur derjenige, für den er gelogen und der ihn bezahlt hat, der läuft noch immer munter als italienischer Premierminister und Medienzar herum.
2. Die Villa „Due Palme“ auf Lampedusa hat niemand gekauft. Das erklärte zumindest ihr Besitzer und der sollte es schließlich wissen. Danach musste es auch der angebliche Käufer und neue Inselbewohner in spe zugeben, der aber versprach: „Ich kauf ein anderes Haus“. Dem widerspricht sein Anwalt wiederum und erklärt, es seien nur noch Kleinigkeiten mit dem Besitzer zu klären, dann sei der Kauf von „Due Palme“ perfekt. Ja, wie denn nun? Kommt er oder kommt er nicht, baut er das Casino und den Golfplatz jenseits von Afrika? Die Hoffnung stirbt zuletzt und auf der Insel ist für gute Laune gesorgt, denn Samstag will Berlusconi in seiner neuen Heimat mal wieder nach dem Rechten schauen. Doch da landen tatsächlich immer noch Afrikaner, obwohl das Problem inzwischen gelöst sein sollte. Innenminister Maroni schloß ein Abkommen mit Tunesien. Ab sofort werden die Flüchtlinge, die trotz aller Kontrollen und Wellenbrecher heil über’s Meer gekommen sind, einfach ins Flugzeug gesetzt und …. back to sender, gehe zurück auf los. Im ersten Flieger saßen 30 Flüchtlinge bewacht von 60 Polizisten. Das donnert nicht schlecht in der Villa Due Palme. Die liegt nämlich genau in der Einflugschneise des Flughafens von Lampedusa.