Neues Leben in Genua. Und nichts funktioniert. Es gibt kein Warmwasser – der Gasanschluss wird frühestens in einer Woche geöffnet – weder Kühlschrank noch Herd – die Ikea-Küche kommt Anfang August und nein, wir bauen nicht selbst auf, wir haben nicht vor, uns scheiden zu lassen – kaum eine Glühbirne, aber – abgesehen von vier neuen Ikea-Stühlen – gibt es Internet und Telefon. Unglaublich, diese modernen Zeiten. Der Telecom-Mann stand am Morgen nach unserer Ankunft auf der Matte, fummelte an ein paar Drähten herum und zack – wir haben Internet, sogar wireless (!), auffe Baustelle.
Möbel und Kisten – ogottogott, wieviele Kisten, trotz allem feng-shui mässigen Entrümpeln – die kommen erst in einer guten Woche aus Lecce an. Bis dahin campen wir in unserer Genueser Hütte. Auf 170 m2, die bei näherem Hinsehen wesentlich brüchiger sind, als sie im Überschwang eines sonnigen Nachmittags aussahen, damals, als uns ein gigantisch großes, sonniges Wohnzimmer mit 4,50 m Deckenhöhe beeindruckte. Die müssen nun gemalt werden. 170 m2 müssen gemalt werden. Die sind kein Pappenstiel, schon gar nicht, wenn manche Wand bei näherem Hinsehen und Betasten schlicht wegbröselt. Löcher da und dort (Mäuse soll es auch geben!), verwarzte Bäder, dazu noch rosa gekachelt, zudem ein Baugerüst draußen, weil die Dachterrasse marode ist – und nicht nur die.
Unser Vermieter hatte „lavoretti“ angekündigt, was die Verniedlichung von Bauarbeiten ist. Schnell erledigt. Nun spazieren Maurer, Elektriker und Klempner durch das hübsche, alte Haus und diktieren unserem Vermieter, was zu tun ist, welche Materialien sie benötigen und was das dann alles kostet – da fällt selbst dem sonst so gefassten Vermieter, der eigentlich ein lustiger, kugelbäuchiger Mensch ist, der Putz aus dem Gesicht. Unsere Vormieter hätten leider sechs Jahre wie auf dem Campingplatz im Haus gelebt. Tatsächlich ist vor Ende September – im August lässt Italien schließlich kollektiv die Kelle fallen und lungert am Strand herum – kein Land in Sicht. Die „Bauarbeitchen“ wachsen sich zu einer ernsthaften Restaurierung aus.
Manchmal stehen Roman und ich abends mit Farbe bekleckst erschöpft auf der frisch geteerten Dachterrasse, versuchen uns auf das nächst liegende zu konzentrieren. Sollen wir das Schlafzimmer vielleicht grün malen? Eine Schleifmaschine für die zu lackierenden Türen kaufen – aber müssen wirklich ein Dutzend braune Türen weiß lackiert werden? Hm. Manchmal ertappen wir uns bei einem fiesen Gedanken – wir wollen eigentlich nur zurück. Alles Schluss aus, zurück nach Hause, das – ja, wo nun eigentlich ist? In Lecce? Aber da stehen Berge von Kisten in einer unrenovierten Wohnung. Sollen wir die da etwa wieder auspacken? Himmel hilf! Nee, nee, nee. Und all die Abschiedsparties, sollen die für nichts gewesen sein?
Also kuscheln wir uns zu den Kindern auf das Luftmatrazenlager in meinem zukünftigen Büro, lesen Karlson vom Dach und Feng Shui Bücher mit Taschenlampe und träumen von einer funktionierenden Einbauküche und warmen Dusche und guten Handwerksgeistern, die zuverlässig wie die Telecom uns in ein normales Leben zurück versetzen mögen.
Kopf hoch, es kann nur aufwärts gehen! Auf Matrazenlagern habt ihr doch letzte Woche auch gepennt, aber wie wir ja wissen nicht so lange. Also schon ein Fortschritt!
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