Gestern war Sonntag. Und? … Muttertag! Ja, natürlich, das auch und deshalb war es leider absolut unmöglich sich mit italienischen Freunden zu verabreden, was am Sonntag, zumindest vor 17 Uhr, ohnehin eine delikate Angelegenheit ist, denn am Sonntag gibt’s Mittagessen bei den Eltern, respektive Schwiegereltern, und am Muttertag, der festa della mamma!, sowieso. Keine Chance also für uns, als deutsche Kleinfamilie, in compagnia genüsslich einen wonnigen frühsommerlichen Strandtag zu verquatschen, über energiegeladene Kinder, drohende oder real existierende Hängebusen zu lamentieren und über die drei Kilo zuviel, die immer noch vom Winter übrig sind, Überlebensstrategien für das diesjährige Sommerloch (drei Monate lang und breit und tief) zu entwerfen und natürlich über treue (oder möglicherweise untreue?) Männer zu spekulieren, welche wiederum über Autos und Motorräder und Ersatzteile und … ja ich weiß eigentlich gar nicht so genau, worüber die reden und reden …, währenddessen gemächlich durch Wasser zu waten, sich erste rötliche Streifen an Po und Busen anzubrutzeln und den Kindern von Zeit zu Zeit das Schokoladeneis aus dem Gesicht zu witschern. Nein, das alles gab’s gestern leider gar nicht.
Aber es war nicht nur Sonn- und Muttertag – der ja auch in Deutschland seine durchaus überflüssige Tradition hat – es war auch Fahrradtag. Nationaler Fahrradtag. Und das ist in Genua mal eine Erwähnung wert.
Wenigstens von 9 Uhr morgens bis 12 Uhr mittags (danach … schon klar, nicht?) wurde in Genua dem Fahrrad gehuldigt. Zumindest auf dem Corso Italia, der vierspurigen Straße nebst Promenade am Meer. Drei Stunden Vollsperrung auf 2,5 Kilometern. Freie Fahrt für immerhin 300 freie Radler in einer Stadt, die – bislang – vollkommen befreit ist von jeglichem Fahrradweg, vermutlich die höchste Quote an Scootern, Vespas und Motorrädern in Italien pro 100 Einwohner hält und ein massives Verkehrsproblem hat. Genua liegt lang ausgestreckt am Meer und im Rücken erheben sich sofort die ersten Hügel und dahinter Bergketten. Die Hügel sind vollgestellt mit Häusern und dazwischen winden sich enge Straßen. Auf und ab. In so einer Stadt kann man nicht Fahrrad fahren. Angeblich. Aber in so einer Stadt findet man oft nicht mal für die Vespa einen Parkplatz.
Fahrräder in Genua sind entweder Spielzeug für Kinder oder Sportgerät für ernsthafte, vollkommen spaßbefreite Rennradler in bonbonbunten Trikots. Während in einigen italienischen Städten wie Bozen, Turin oder Ferrara inzwischen ein Netz von Fahrradwegen existiert, und tatsächlich genutzt wird, sind normale Alltagsradler, ciclisti urbani, in Genua noch echte Freaks. Verrückte. Oder eben Deutsch.
Also fahre ich als gute Deutsche Fahrrad, bin Mitglied in einer kleinen, munteren Fahrradinitiative mit dem Charme einer anarchistischen Selbsterfahrungstruppe, und begleite wacker meinen Sohn alltäglich mit dem Fahrrad zur Schule, wo sich jeden Morgen ein gigantisches Verkehrsknäuel aus Motorrollern und Autos ballt. Wenn wir uns da durchgewühlt haben, parkt das Fahrrad meines Sohnes einsam und allein am Rande des Schulhofes, was die Direktorin gar nicht gerne sieht, es könnte die anderen Kinder gefährden … scusi? Es ist angeschlossen … „Brava!“ loben mich trotzdem die Mamma-Kolleginnen, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie mich nicht eigentlich für unverantwortlich oder komplett durchgeknallt oder einfach nur sehr deutsch halten.
Auf jeden Fall kann ich nicht mehr einfach zurück. Ich würde nämlich gerne manchmal mit einer hübschen Vespa durch die Gegend knattern. Hügel hoch, Hügel runter, durch die Kurven, am Meer entlang. So richtig italienisch.
Schoene Geschichte, liebe Kirsten, das Ende ist ausschlaggebend dabei ! Wir lieben Italien ein bisschen auch deshalb – sonst sollten wir dort bleiben wo alles so ist wie wir es moechten – wie langweilig – und w o o o o ???
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