Wenn Montag um 15 Uhr in vielen italienischen Städten die Wahllokale schließen, dann … die italienische Opposition trommelt schon mal … dann könnte alles anders werden, dann könnte alles möglich sein. Dann … ja, was?Dann wird es einige neue Bürgermeister geben. Das ist sicher. Auch in Mailand? Vermutlich auch in Mailand und das wäre … ja, man mag noch gar nicht dran denken. Hätte was von Revolution. Nach zwanzig Jahren könnte, könnte erstmals wieder, ein Kandidat der Mitte-Links Parteien die Stadt regieren. Giuliano Pisapia – keiner von Berlusconi’s Gnaden. Nach zwanzig Jahren.
Ausgerechnet in Mailand, Berlusconi’s Stadt, regiert von „so“ einem: Giuliano Pisapia, angeblich ein Linksradikaler, angeblich einer, der er sich in den siebziger Jahren im terroristischen Umfeld der Roten Brigaden herumtrieb, der könnte nach der Stichwahl tatsächlich Bürgermeister werden. Die Stadt islamisieren, mit Zigeunern überfluten, sie den militanten sozialen Zentren überlassen, Chaos und Anarchie anfackeln, kurz: es wäre das Stalingrad Italiens. Sagt Berlusconi.
Der Mann ist nervös.
Und kommt wieder auf putzige Ideen. Um die Mailänder zur Vernunft zu bringen, sollen ihnen sämtliche Strafzettel erlassen werden. Um die Lega Nord zu besänftigen, die Milano als natürliche Hauptstadt betrachtet und im Fall eines linken Desasters mal wieder mit einem Ausstieg aus der Regierungskoalition droht, sollen zwei Ministerien von Rom nach Mailand übersiedeln – was dem sein Sinn sein sollte, erschließt sich nicht wirklich. Dazu das übliche Gezeter – die Justiz, vor allem die Mailänder, ist ein Krebsgeschwür der Demokratie, Italien eine Diktatur linker – Mailänder – Richter und Staatsanwälte, Berlusconi ein Verfolgter dieses Regimes und der Weihnachtsmann vom Aussterben bedroht – wieder und wieder wiederholt, so werden Wahrheiten gestrickt, die den Wirkungsgrad von Waschmittelwerbung haben, zumindest bleiben sie im Hirn hängen. Dash wäscht Weißes ja auch wirklich weißer als Weiß. Seit Jahrzehnten. Und wer links wählt, ist dumm, bemerkte Berlusconi neulich noch. Kurz und griffig, so glatt – so gründlich, so gründlich – so glatt …
Diese Mailänder Dummies wussten beim ersten Wahlgang vor zwei Wochen vermutlich nicht, was sie taten: Pisapia lag am Ende sieben Prozent vor der amtierenden Bürgermeisterin. Dabei hatte Berlusconi persönlich die Wahl vorab als Bestätigung seiner nationalen Politik ausgerufen. Eine Schlappe, ausgerechnet in Mailand, der reichen Metropole im Norden. Der Stadt, in der Berlusconi’s Aufstieg begann. Die im übrigen berühmt ist für Edelshopping und den Dom, Nebel und Smog und die Geldwaschanlagen der Mafia.
Mailand ist nicht noch nicht Rom, aber wer weiß, am Montag … unverhofft kommt manchmal doch …